Gestern habe ich mich etwas übernommen. Bestimmt kennst du das Gefühl. Ich wollte so gerne über unseren Schulausflug in der vorangegangen Woche sprechen (auf Englisch, natürlich). Außerdem war so viel Unterricht ausgefallen und ich hatte das Gefühl, dass die Schüler über die Osterferien schon alles vergessen hatten. Außerdem wollte ich die einfache Vergangenheit weiter einführen. Das alles führte dazu, dass meine hohen Ansprüche die Stunde total zerschossen. Wie man auf Englisch so schön sagt: Here's to keeping it real!
Jeder muss seine eigenen Fehler machen, aber vielleicht hilft es zu sehen, wo andere stolpern: Es begann schon in der Planung (die vielleicht hätte länger ausfallen sollen). Ich hatte inhaltlich und sprachlich zu hohe Ansprüche an die Stunde. Ich führte daher gleich am Anfang zu viele neue Vokabeln und Phrasen auf einmal ein. Diese sicherte ich nicht ausreichend ab, denn normalerweise benötigt es ca. zehnminütiges Rundfragen und viele Wiederholungen, damit das neue hängenbleibt. Dazu hetzte ich dann auch noch die Entwicklung der Geschichte, damit sie auch ja noch fertig würde...Es wurde laut und unruhig, ich musste drohen, die Spielzeit streichen und es dann doch noch schriftlich machen lassen. Ja, auch ich habe solche Tage...
Plötzlich fragte mich eine Schülerin besorgt:
"Mrs. Dincher, machen wir Vergangenheit und Zukunft und so?"
Ich atmete tief durch und mir fiel zum Glück eine beruhigende und wahre Antwort ein, auch wenn die Stunde nicht mehr zu retten war: "Joa, wir benutzen das immer mal wieder hier und da, bis ihr gar nicht mehr darüber nachdenken müsst."
Schülerin (entspannt): "Ok!"
Wäre ich langsam vorangegangen, wäre ihre Oh-je-Grammatik-ist-schwer-Alarmanlage gar nicht angegangen.
Erst jetzt, einen Tag später, gelingt es mir, die Stunde objektiver anzuschauen und mir zu überlegen was ich vielleicht doch lieber anders machen möchte.
Was außerdem half: Ich stolperte gerade über dieses Foto der selbstgeschriebenen Geschichte eines Schülers, das ich vor zwei Monaten in völliger Überwältigung gemacht hatte. Das war in der 5.Klasse, nach nur wenigen Monaten Englisch auf dem Gymnasium. Ok, es war einer meiner besseren Schüler, aber die geringe Fehlermenge ist, ganz abgesehen von den narrativen Qualitäten, doch beeindruckend. Wieder etwas gelernt: Meine Schüler kommen schon schnell genug voran, aber nur wenn ich langsam genug voran gehe...
Und ich weiß, dass ich noch lerne, und kann mich bei den Schülern entschuldigen und mir überlegen, wie ich nochmal langsam einen Gang zurück schalten kann. Was machst du mit diesen misratenen Stunden?
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