Ein toller Stundenverlauf für die Mittelstufe

Willst du wissen wie eine Doppelstunde mit TPRS so aussehen kann? Immer wieder werde ich danach gefragt, daher habe ich hier einen genauen Stundenverlauf für dich, damit du dir das besser vorstellen kannst.

 

 

In meiner achten Klasse begann die Woche eher schlecht. Ich hatte durch Stress wenig Zeit zur Vorbereitung gehabt, war beim Rundfragen eher chaotisch bei der Sache und die Schüler waren dementsprechend nur mäßig konzentriert. Ich jammerte bei einem Freund: "Die Schüler waren so unruhig und nächste Woche kommen andere Lehrer zu Besuch und dann wollen die sehen, wie gut ich das mache, und stattdessen bin ich total miserabel." Dann plötzlich gestern die Traumstunde (Grammatik inklusive).

 

1. Erst sprachen wir, wie immer am Anfang des Schuljahres, über die Hobbies der Schüler. Das dient nicht nur dem grundlegendem Vokabular (denn genau diese Worte werden sie brauchen, wenn sie sich mit Gleichaltrigen auf Englisch unterhalten wollen). Besonders wichtig ist dabei ebenfalls, dass die Schüler das Gefühl bekommen, dass es in diesem Unterricht um sie geht, und nicht primär um das Schulbuch oder die Grammatik. Außerdem tritt die bewusste Verarbeitung der Sprache (und  bereits erworbene Hemmungen der Schüler) dabei völlig in den Hintergrund.

2. Dann hatte ich zwei kurze Texte getippt (Vorbereitungszeit 5 min.), in denen ich über die Jobs von zwei Schülern sprach, die sie im Unterricht am Vortag verraten hatten. Darin kam fast 20 Mal das Gerundium vor, im Gegensatz zu kümmerlichen vier im Schulbuchtext (ok, insgesamt tauchte das Gerundium in der gesamten Unit auch 13 Mal auf...). Die Schüler sollten den Text lesen und alle unbekannten Vokabeln unterstreichen, die wir dann besprachen (1.Durchgang). Die Texte stehen auch am Ende dieses Posts (mit Fehlern und genau so wie sie gestern im Unterricht bearbeitet wurden).

 

Bereits jetzt fragten mich zwei Schüler unabhängig voneinander: "Stimmt das, was da steht, oder haben Sie sich das ausgedacht?" So ein Interesse schon mal in Bezug auf das Schulbuch gesehen? Natürlich ließ ich das offen, damit wir die Schüler später selbst befragen könnten. Ein Schüler fragte ungläubig: "Haben SIE das echt gestern geschrieben?"

 

3. Dann sollten sie alle Formen des Gerundiums im Text unterstreichen. Dies diente nur bedingt zur Grammatikvermittlung, sondern sollte den Schülern verdeutlichen, dass wir gerade auch etwas Neues lernen, selbst wenn es interessant ist und Spaß macht. Dies war für die meisten Schüler der 2. Durchgang durch den Text.

 

4. Wir besprachen die unbekannten Vokabeln und klärten dabei den Unterschied zwischen "tired of"= etw. satt haben und "tired from"= von etw. müde sein, sowie "On the other hand"= andererSEITS.

 

5. Dann bat ich eine gute Schülerin (freiwillige Meldung) zu zählen, wie oft ich das Gerundium verwendete. Ich bemühte mich, möglichst wenig Present Progressive zu verwenden, da die gleiche Form (-ing) zu falschen Ergebnissen beim Zählen führen würde. Als nächstes begann ich die beiden Schüler zu den Texten zu interviewen. Ich las einen Satz vor und stellte die zugehörige Frage. Dann stellte ich immer wieder mittels Rundfragen Fragen an die Klasse. Dadurch kann man sich ungefähr ausrechnen, wie oft ich innerhalb der 20 Minuten das Gerundium verwendete. Ca. 50 Mal, wobei die Schülerin auf Grund des Mangels an Übung noch einige Vorkommen überhörte.

6. Zum Ende der Stunde las ich den Schülern für fünf Minuten aus Winnie-the-Pooh vor, das ich für 1 Pfund in einem Charity-Shop gefunden hatte (ich hätte auch 10 für das Hardcover mit den wunderschönen Bildern bezahlt). Es brauchte natürlich die Einführung, dass es zwar ein Kinderbuch sei, sie aber die Sprache auf ihrem momentanen Niveau einfach hervorragend verstehen könnten. Ich erläuterte noch eine Phrase, die im ersten Kapitel wichtig sein würde ("to live under a name") und dann las ich vor. Fünf Minuten unglaublicher Aufmerksamkeit. Man hätte die sprichwörtliche Nadel fallen hören können. Zum Schluss lauthals Beschwerden, dass wir schon aufhören mussten um zu SPIELEN! [In zwei Wochen könnt ihr euch auf einen Extra-Artikel zum erfolgreichen Vorlesen in der Mittelstufe freuen].

 

7. Und am Ende spielten wir mit den durch gutes Verhalten in der Woche gewonnenen Minuten ein englisches Spiel (z.B. Simon Says).

 

Als ich später zuhause war, musste ich immer noch an die Reaktionen der Schüler und die scöne Atmosphäre beim Vorlesen denken. Verpasse auch nicht die emotionale Reaktion eines meiner Schüler in meinem letzten Post (denn diese Woche gibt es zwei Artikel). Außerdem ist das Ebook repariert (nicht alle Links funktionierten). Hier der Link zum Artikel, wenn ihr es noch nicht habt.

 

Hier die Texte (mit geänderten Namen):

 

Jenny likes babysitting, but she doesn’t like everything. She is tired of babysitting and not getting any money for it. Her relatives always ask her: “Can you babysit for us?” And she says yes, even though she is really tired of it. And at the end she is always so tired from it, too. On the other hand she likes working with children. She likes singing to them and she likes reading to them. She loves listening to their bad jokes (that is why she likes Hanna, too). She doesn’t like putting them to bed because they never want to go. Secretly, she also likes playing with their toys when they are asleep.

 

Aaron likes working for money, but he doesn’t really like doing gardening. Tidying a garden is fun when you do it one day, but Aaron doesn’t like doing it again and again and again. This week he is really tired of doing it, but his aunt gives him 200 Euro for tidying her garden. Aaron doesn’t want to do it because his aunt’s garden is full of snakes. Aaron is scared of stepping on a snake. He is also scared of cutting a snake in half with his spade. Aaron has an idea. He takes an I-pod and speakers and plays his music really loudly. The snakes can’t stand listening to the music and go away. Easy 200 Euro!

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