Wie ich zur Piratin wurde...

Unaufgeforderte Werbung, da ich von einem Buch schwärme, das ich mir selbst gekauft habe.

 

Ich dachte ja, ich sei schon ein "happy teacher". Aber anscheinend war da noch ganz schön Luft nach oben. Oder bin ich jetzt ein "euphoric teacher"? Vielleicht bin ich spät dran und ihr kennt das Buch alle schon, aber mich hat "Teach Like a Pirate" vollkommen überrascht und von den Socken gehauen. Hier die Erklärung, wie das Buch meinen Unterricht noch einmal umgekrempelt hat.

In der Mittelstufe mache ich ja schon ziemlich lange unkonventionellen Unterricht, radikal auf Basis von Sprachlernforschung. Aber so ab der 9. Klasse trat ich doch ganz schön auf der Stelle. Ich arbeitete wieder mehr mit dem Buch, machte die üblichen Schreibaufgaben, usw. Und es lief ganz gut. Nur irgendwie nicht so geil wie in den unteren Klassenstufen. Dann wurde mir  "Teach like a Pirate" von Dave Burgess (leider nur auf Englisch) empfohlen. Der Titel war so schräg, dass ich mir das Hörbuch für den morgendlichen Stau runtergeladen hatte.

 

Der Anfangsteil war hauptsächlich eine längere Ausführung der These: "Wir sollten VIEL mehr Show im Unterricht machen, da wir mit Netflix, TikTok und Co konkurrieren, dann klappt es auch besser mit dem Behalten und der Motivation." Da konnte ich nur zustimmen, dachte mir allerdings: "Erst einmal können, vor lachen." Versuchen wir das nicht alle ständig?

 

Und dann kam der Mittelteil, und meine Kinnlade klappte herunter und blieb unten. Ach SOOOO einfach ist das! Es folgten eine ganze Reihe Fragen, die man sich bei der Unterrichtsvorbereitung stellen könnte. Anscheinend war das ALLES, das mir gefehlt hatte um von Little Miss Good Enough Teacher zu Showmaster on Crack zu mutieren, jedenfalls für einzelne Stunden. Ich probierte es mal vorsichtig aus.
Meine Schüler:innen in der Achten kamen in den Raum und sagten nur "WOW!". Zwei Schüler meiner Q-Phase bedankten sich bei mir nach dem Unterricht für die Stunde. Eine Klasse klatschte. Da war klar, das Buch ist meine Goldader...

 

Was sind das also für Fragen, die dazu führten, dass ich plötzlich wusste, wie ich meinen Unterricht planen muss um den Wow-Effekt zu erreichen?

 

Hier eine sehr kleine Auswahl dieser Fragen, die jeweils im Buch noch toll erklärt und mit Beispielen versehen ist:

  1. Kannst du die Schüler:innen dazu bekommen, sich zu bewegen, mit ihren Körpern etwas darzustellen oder zu repräsentieren?
    Könnten sie die Requisiten sein, die von anderen bewegt werden? Könntest du sie etwas werfen lassen?
  2. Kannst du die Stunde an einem anderen Ort besser abhalten? In der Cafeteria? Draußen? In der Turnhalle? Im Supermarkt?
  3. Könnten die Schüler:innen irgend etwas Künstlerisches tun?
  4. Könntest du die Stunde aufziehen wie einen Wettbewerb oder eine Spielshow?
  5. Könntest du einzelne Schüler:innen heimlich vorher einweihen, etwas zu tun, das dann später alle überrascht?

Ich habe noch NIE so viel Spaß bei der Vorbereitung gehabt und sogar in den Sommerferien mehrere Tage in ein paar Herzensprojekte gesteckt: Einen Sicherheitseinweisungs-Escaperoom für Chemie, ein Sherlock Holmes Murder Mystery zum Nordirlandkonflikt und eine Schatzsuche zum Niedergang des British Empire.

 

Ist jetzt jede Stunde ein Spektakel sonder gleichen? Nein, natürlich nicht. Momentan ist es eher so drei Mal pro Klasse pro Halbjahr. Aber was ich festgestellt habe ist, dass die "Piraten-Stunden" so gut sind, dass ich sie im Gegensatz zu meinen normalen Stunden nicht wieder jedes Mal neu überarbeite, und so werden es ständig mehr. Außerdem denke ich jetzt bei der Vorbereitung ganz anders.

 

Also, größte Lese-/Hörempfehlung. Kennst du das Buch? Hast du eine Frage?

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0